
Die türkisblaue Mannschaft perfektioniert ihr Spiel. An die Doppelpässe hat man sich gewöhnt, nun ist Tiki-Taka angesagt. Das spanische Kurzpassspiel, mit dem man den Gegner schwindlig spielt. Da braucht es schon einen scharfen Beobachter wie Johannes Huber, der das Spiel nicht nur in Echtzeit beobachtet sondern auch auf Zeitlupe schalten kann. Aber kurz einmal zurückgeblendet.
Da meldet doch die konservative Tageszeitung „Die Presse“, dass es in der türkisblauen Regierung tatsächlich zum ersten Mal kriseln würde. Nachdem bekannt wurde, dass der Massenmörder von Christchurch den rechtsradikalen „Identitären“ (in Österreich und anderswo) Geld gespendet hat, bevor er 50 Muslime in Neuseeland ermordete, bekam die notorische Liebe vieler FPÖler zu den „Identitären“ – vom Vizekanzler abwärts bis zu allen möglichen Provinzfunktionären – ein unangenehmes Geschmäckle. Es dauerte nicht lange, und der Standard und andere Tageszeitungen berichteten über dutzende von Naheverhältnissen. Hat nicht der Innenminister noch vor drei Jahren auf einem Identitären-Kongress mit seiner Rede für gute Laune gesorgt? Hat nicht ein Linzer Funktionär den „Identitären“ ihre Bleibe vermietet? Arbeitet man nicht eh schon Hand in Hand in solch wertvollen Internet-Hasspostillen wie „unzensuriert“ und „Zur Zeit“? Und, und, und…
Und tatsächlich, da hat der Kanzler kurzerhand doch tatsächlich ein Machtwort gesprochen. Die Identitären, die müsste man doch verbieten. Und eine entschiedene Distanzierung muss auch her, von diesen „widerlichen“ Gesellen. Man traute seinen Ohren nicht. Das kann doch der Kanzler nicht ernst meinen. Dann müsste er ja… Unvorstellbar…
Genau. Er meint es auch nicht ernst. Sein Vizekanzler hat sich am Samstag (beim Linzer Landesparteitag der blauen Parteihälfte) entschieden distanziert – und zwar vor allem von der „linken Hetzkampagne“ gegen die „Identitären“ und die FPÖ. Und natürlich, wie schon Manfred Haimbuchner, betont er, dass Mitglieder der „Identitären“ nicht Mitglied der FPÖ sein sollen. Das ist auch nicht schwierig. Bei den „Identitären“ wird man nämlich gar nicht „Mitglied“, man macht nur mit. Ansonsten gäbe es „auch in Zukunft“ keine finanziellen, organisatorischen oder aktionistischen Überschneidungen zwischen FPÖ und den „Identitaren“. Präziser kann man nicht lügen.
Nachdem also Kanzler Kurz von seinen blauen Parteifreunden ausgerichtet bekommen hat, Teil einer „linken Hetzkampagne“ zu sein, spielt er den Ball, wie soll man es anders nennen, ganz kurz und blitzartig zurück. So schnell kann man gar nicht hinschauen. Schon am Samstag zeigt er sich in einer Aussendung an die Presse zufrieden mit der „Abgrenzung“ der FPÖ von den „Identitären“. Der Koalitionsfrieden sei wiederhergestellt. „Dieses widerliche Gedankengut hat in unserer freien und liberalen Gesellschaft keinen Platz. Es ist daher wichtig, dass klare Grenzen gegen jede Form von Extremismus zu ziehen sind“, so weit so Kurz.
Johannes Huber hat seinen Monitor aber auf Zeitlupe geschaltet. Und da entgeht ihm nichts. Zwischen Straches entschiedener Distanzierung von irgendwas und der kurz-entschlossenen Absolution wegen irgendwas, hat es die FPÖ-Postille „unzensuriert.at“ um 15.12 am Samstag doch noch geschafft fast unbemerkt dazwischen zu funken. Da wurde mal wieder der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier attackiert, diesmal weil er doch tatsächlich die „Identitären“ als rechtsextremistisch beschimpft habe. Gegen solche Unverschämtheiten muss man seine Freunde doch in Schutz nehmen, auch wenn der Vizekanzler gerade ganz anders daherschwurbelt.
Nun hängt der Haussegen zwischen den „Identitären“ und ihrem Vizekanzler im Moment doch etwas schief. Martin Sellner ist sauer, dass ausgerechnet der alte Neonazi-Wehrsportfan Strache nun seinerseits ihm seine „alten“ Hakenkreuzschmierereien auf einer Synagoge vorwirft. So sind die beiden derzeit mit Rosenkrieg beschäftigt. Auf Sellners Account ist Strache nun „der verfaulende Rest desse, (sic!) was einmal die Hoffnung aller österreichischen Patrioten war“. Aber wie heißt es doch, „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“. Auf die Beschimpfung folgte schon das nächste Gesprächsangebot.
Für die Beobachter wird das Kurzpass-Spiel zwischen Kurz und Strache jedenfalls etwas unübersichtlich, denn der kleine Martin Sellner will nun auch noch mitspielen. Beiden, Kurz und Strache, hat er jedenfalls schon mitgeteilt, dass sie doch im Grunde alle das gleiche wollen. Wie schön.
Bei allem Tiki-Taka habe ich mich eben gefragt: Wo ist eigentlich der Ball? Den habe ich bei all den Kurzpässen gar nicht mehr gesehen. Ich glaube, mit dem spielen gerade Wöginger und Hartinger-Klein Abschaffung der Mindestsicherung.